Arbeitsgruppe Synthetische Chemie

AG-Leitung Prof. Dr. Andreas Kirschning

Synthetische Chemie: Perspektiven

In unserer Arbeitsgruppe ist die Synthesechemie in großer Vielfalt zu Hause. Wir nutzen und kombinieren die Chemie, die Biotechnologie und Synthesetechnologien für die wirkstofforientierte Naturstoffforschung und die Entwicklung von intelligenten biomedizinischem Materialien.

Synthetische Chemie: Perspektiven

In unserer Arbeitsgruppe ist die Synthesechemie in großer Vielfalt zu Hause. Wir nutzen und kombinieren die Chemie, die Biotechnologie und Synthesetechnologien für die wirkstofforientierte Naturstoffforschung und die Entwicklung von intelligenten biomedizinischem Materialien.

Forschungsthemen

Die Fähigkeit, neue Moleküle und molekulare Architekturen zu designen und zu synthetisieren stellt ein unermesslich mächtiges Werkzeug dar, welches großen Einfluss auf andere molekulare Wissenschaftsfelder ausübt. Die Forschung in der Gruppe Kirschning ist auf die strategische Kombination einer Fülle verschiedener Methoden für die organische Synthese (SynMeth) und die Totalsynthese komplexer organischer Moleküle ausgerichtet (TotalSyn). Diese beinhalten auch biotechnologische auf Enzyme und Ganzzellen fußende (SynBio), wie auch technologische auf die Flowchemie basierende Werkzeuge (Flow) Werkzeug. Sie stellen die Grundlage für Entwicklungen und Anwendungen in der Wirkstoffforschung (Target) und bei biomedizinischen Materialien (BioMed) dar.

BioMed: Biomedizinische Materialien

Polysaccharid-basierte Hydrogele – ein vielseitiger Baukasten für das Tissue Engineering

Wir haben ein synthetisches Baukastensystem für die Funktionalisierung von Polysacchariden (Hyaluronsäure, Alginat, Dextran, Pullulan, Glycogen, Lentinan und Carboxymethylcellulose) mit  „clickbaren“ Aldehyd- und Hydrazid-Gruppen entwickelt. Hiermit können wir durch einfaches Mischen der Komponenten auch in vivo Hydrogele erzeugen.

Überdies können die  „clickbaren“ Polysaccharid mit bioaktiven Liganden wie beispielsweise zyklischen RGD-Pentapeptiden als Zell-Adhäsionsfaktoren orthogonal dekoriert werden. Hierdurch kann eine Hydrogel-Bibliothek hergestellt werden, die auf unterschiedlichsten Polysacchariden basiert.

Zusätzlich werden die biophysikalischen Eigenschaften, die Biokompatibilität und die Bioabbaubarkeit der Gele untersucht, um sie als künstliche extrazelluläre Matrix einzusetzen.

Biokompatible künstliche Lunge

Das biomedizinische Problem: Lungenversagen ist ein signifikantes medizinisches Problem mit mehreren hunderttausend erwachsenen Patienten pro Jahr. Oft ist die Nutzung mechanischer Oxygenatoren (links) zur Aufrechterhaltung der Gasversorgung unvermeidbar. Diese extrakorporalen Oxygenatoren basieren auf polymeren Hohlfasermembranen (mitte), die den Blut- und Gasfluß trennen. Ein Ansatz zur Erhöhung der Haemokompatibilität dieser Membranen besteht in der Beschichtung mit Endothelzellen (ECs), wodurch eine Blockierung der Oberflächen durch Fremdkörperreaktionen verhindert werden soll (rechts).  Diese Zellen besitzen jedoch nur eine geringe Adhäsion auf der Polymeroberfläche, wodurch eine zusätzliche Dekorierung mit Adhäsionsfaktoren wie zyklischen RGD-Peptiden notwendig wird.

Die chemische Lösung: Die kovalente, mehrstufige Beschichtung der Polymethylpenten Oberfläche (Sauerstoff-Plasma, Nitren Insertion, PEG Anbindung und Kupferfreie "click" Kopplung des RGD Peptids) ergibt eine äußerst biokompatible Polymeroberfläche. Die fertig modifizierte Membran zeigt nach wie vor die notwendige hohe Gasdurchlässigkeit und kann dicht mit Endothelzellen besiedelt werden.

SynBio: Biotransformationen

Mutasynthese: Ein Werkzeug in der Naturstoffchemie

Ansamitocine (Maytansinoide), Geldanamycin und auch Rifamycin sind berühmte Vertreter aus der Klasse der Ansamycin Antibiotica, welche alle Aminohydroxybenzoesäure (AHBA) als Startbaustein der Polyketidsynthase (PKS) einsetzten.

Mutasynthese ist eine direkte Möglichkeit, die genetische Manipulation von Biosynthesewegen mit chemischer Synthese zu verbinden. Hierbei wird ein Mutante des Produktionsstammes erzeugt, in der ein früher Biosynthesevorläufer des Naturstoffes nicht mehr hergestellt werden kann. Die externe Zugabe dieses Biosynthesevorläufers als synthetisches, strukturell verändertes so genannten Mutasynthon zu dieser Mutante läßt die Biosynthese wieder ablaufen. Hierbei werden die struktuellen Veränderungen des Mutasynthons in den fertigen Naturstoff übernommen.

Wir haben umfangreiche Mutasynthesestudien an drei Produktionsstämmen (Actinosynnema pretiosum, Streptomyces hygroscopicus und Amycolatopsis mediterranei) durchgeführt, die jeweils in der Biosynthese von Aminohydroxybenzoesäure (AHBA) blockiert waren.

Flexibilität von Terpenzyklasen

Terpene stellen die diverseste Sekundärmetabolitenklasse dar. Sie werden aus einem linearen Vorläufer - im Falle der Sesquiterpene ist es Farnesylpyrophosphat (FPP) - über eine Reaktionskaskade hergestellt. Wir haben gezeigt, dass Sesquiterpenzyklasen wie z.B. die Presilphiperfolan-8-β-ol Synthase (Bot2) eine hohe Substratflexibilität besitzen. Hierdurch lassen sich neue Heteroatom-modifizierte trizyklische Sesquiterpenoide herstellen. Bei einigen neuen Terpenoiden konnte mittels GC-O Analyse ein etherischer, pfeffriger und Campher-artiger Geruch nachgewiesen werden.

SynMeth: Synthesemethoden

Die Chemie hypervalenter Halogenide

In den Jahren 1998 und 1999 haben wir die Herstellung neuer elektrophiler Halogen-Reagenzien publiziert, die über eine Iod(III)-vermittelte Oxidation von Bromiden und Iodiden zugänglich sind. Der gebildete Halogen(I)-Komplex kann über einen Ligendenaustausch weiter modifiziert werden. Die Reagenzien sind synthetisch breit anwendbar.

Oxidative Decarbonylierung von Aldehyden

Die stereokontrollierte Palladium-katalysierte Umpolung-Allylierung benutzt Diborane, die als zwischenzeitlich gebildete Allylborane direkt mit Aldehyden reagieren. Mit chrialen Aldehyden lässt sich eine gute Stereokontrolle erreichen.

Asymmetrische Formylierung von Aldehyden

Unser Ansatz zur asymmetrischen Formylierung von Aldehyden trennt die C-C Bindungsknüpfung und den Aufbau des neuen Stereozentrums. Hierzu findet ein Horner-Wittig Olefinierung von Aldehyden und im Folgenden eine Sharpless asymmetrische Dihydroxylierung des intermediär gebildeten O,O-Ketenacetals statt.

Flow: Synthesetechnologie

Durchfluss-Chemie

Unsere Forschungsaktivitäten im Bereich der Durchfluss-Chemie begannen 1999 und wurden 2001 als Schlüsselpublikation veröffentlicht (der erste Übersichtsartikel erschien 2003). Wir beschäftigen uns mit der Entwicklung neuer Enabling Technologien, immbolisierter (Bio)Katalysatoren und mehrstufiger Synthesen unter kontinuierlichen Durchflussbedingungen. Im Jahre 2008 haben wir die Durchfluss-Chemie mit induktivem Heizen gekoppelt, einer Schlüsseltechnologie zum Heizen von Stahlreaktoren oder Festbett-Reaktoren, die mit Materialien auf Kupferbasis oder superparamagnetischen Eisenoxid-Nanopartikeln (SPION) gefüllt sind. Diese Hochtemperatur-Durchflusstechnologie wurde verwendet, um mehrstufige Reaktionen von relevanten Wirkstoffen wie beispielsweise Iloperidon durchzuführen, wobei sogar Wasser als Lösungsmittel eingesetzt werden konnte.

Enabling Technologien: Induktives Heizen und Flow

Induktives Heizen und mesofluidische Reaktoren bilden ein perfektes Paar zweier Enabling Technologien. Ferromagnetische Materialien (z.B. Stahlkugeln, Kupfer) oder superparamagnetische Nanopartikel erwärmen sich in einem oszillierendem elektromagnetischen Feld mit mittlerer (MF: 15-25 KHz) oder hoher Frequenz (HF: 780-850 KHz) unter Verwendung geeigneter Induktoren und Spulen.

TotalSyn: Totalsynthese

Unsere Arbeiten zur Totalsynthese finden im Rahmen einer strategischen Partnerschaft mit dem Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (Braunschweig/Saarbrücken) statt. Hierbei beschäftigen wir uns mit der Strukturaufklärung von neuen, biologisch hoch aktiven Sekundärmetaboliten, ihrer Total- sowie Semisynthese und schließlich ihrem biologischem und biomedizischem Profil. Viele dieser Naturstoffe besitzen entweder antiproliferative oder antibakterielle Eigenschaften.

  • Carolacton

    Carolacton wurde aus Sorangium cellulosum isoliert und ist ein Biofilminhibitor (0.005 µg/mL). Planktonische Keime werden nicht von Carolacton beeinflusst

  • Elansolid A1 and A2

    Elansolid A1 and A2 wurden aus dem Bakterium Chitinophaga isoliert. Sie besitzen antibakterielle Eigenschaften (einschließlich Staphylococcus aureus und Micrococcus luteus)

  • Cystobactamid 861-2

    Cystobactamid 861-2 wurde aus Cystobacter sp. isoliert und besitzt eine hohe antibakterielle Wirkung. Diese Verbindung ist ein Inhibitor der bakteriellen Topoisomerase.

  • Thuggacin A

    Thuggacin A wurde aus dem Myxobakterium Sorangium cellulosum isoliert und zeigt eine starke antibiotische Wirkung (einschließlich Mycobacterium tuberculosis). Der Wirkort liegt in der bakteriellen Atmungskette.

Target: Wirkstofffreisetzung

Wir haben in unserer Gruppe ein System entwickelt, welches den Transport, die Zielfindung und die Freisetzung von Wirkstoffen umfasst. Wir nutzen hierfür nicht toxische Konjugate aus superparamagnetischen Eisenoxid-Nanopartikeln (SPION) und Maytansinen, die über einen hitzeempfindlichen Linker gekoppelt sind. Die Freisetzung der toxischen Maytansine erfolgt über das induktive Aufheizen der SPION, wodurch der Linker gespalten wird. In einer Konzeptstudie wurde die Effektivität an Krebszelllinien (in vitro) und an soliden Tumoren (in vitro) bewiesen. Für eine erfolgreiche Zielfindung der Wirkstoffe haben wir die Tatsache untersucht, dass die SPION-Maytansin-Konjugate von in unserem Fall Leber-spezifische Macrophagen aufgenommen werden. Die Macrophagen wandern an den Wirkort und setzen den Wirkstoff nach induktiver Erwärmung und Apoptose frei.

Kontakt

Prof. Dr. rer. nat. Andreas Kirschning
Professorinnen und Professoren
Adresse
Schneiderberg 1B
30167 Hannover
Gebäude
Raum
136
Prof. Dr. rer. nat. Andreas Kirschning
Professorinnen und Professoren
Adresse
Schneiderberg 1B
30167 Hannover
Gebäude
Raum
136