Forschungsrichtungen
Pilze sind Eukaryoten, welche fast alle bekannten ökologischen Nischen unseres Planeten bewohnen. Sie trennten sich vor etwa 500 Millionen Jahren von den anderen Reichen des Lebens ab. Pilze hatten daher viel Zeit diverese Strategien zur Produktion von Naturstoffen zu entwickeln. Diese Fähigkeit haben sie zu wichtigen Herstellern von Pharmazeutika, Agrochemikalien und biologischen Hilfsmitteln gemacht. Die bekanntesten Beispiele sind die antibiotisch wirkenden Penicilline oder die Statine, welche den Cholesterinspiegel beim Menschen senken können.
Forschung zum medizinischen Potential von Cytochalasanen
Forschungsgruppe „CytoLabs – Systematische Untersuchung und Ausbeutung von Cytochalasanen”, unter Leitung von Prof. Dr. Russell Cox.
Multidisziplinäre Zusammenarbeit, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – FOR 5170
Naturstoffe aus Pilzen
Cytochalasane sind Naturstoffe, die von Pilzen produziert werden und zahlreiche potente biologische Aktivitäten aufweisen. Sie binden stark an Actin und beeinflussen so eukaryotische Zellen drastisch. Darüber hinaus zeigen sie aber auch bemerkenswerte Bioaktivitäten in Prokaryoten, bei denen Actin nicht das Ziel sein kann. Sie hemmen die Proteinsynthese, den Zuckertransport, das Pflanzenwachstum, den Tumornekrosefaktor und die Angiogenese und sind an der Immunsuppression sowie der Virulenz und Avirulenz von Pilzen gegenüber Pflanzen und Insekten beteiligt, wobei die meisten molekularen Mechanismen, die diesen Prozessen zugrunde liegen, unbekannt sind. Cytochalasane bestehen aus Aminosäuren und Polyketiden und werden häufig oxidativ modifiziert. Mehrere hundert Vertreter sind bekannt, trotzdem wurden nur sehr wenige systematische Untersuchungen der Struktur-Aktivitäts-Beziehungen durchgeführt, da nur sehr wenige Cytochalasane kommerziell erhältlich sind.
Die CytoLabs-Forschungsgruppe zielt darauf ab, diese Probleme durch eine systematische und integrierte Kollaboration verschiedener Gruppen anzugehen, die über Expertise in den Bereichen Entdeckung, chemische Synthese, metabolisches Engineering, Zellbiologie, In-vivo- und In-vitro-Biochemie, In-Planta-Untersuchungen und ökologische Studien von Cytochalasanen verfügen. Ziel ist es, moderne synthetische Chemie (Kalesse, Klahn) und synthetische Biologie (Cox) anzuwenden, um schnell bekannte und neue Cytochalasane zu erzeugen. Zudem sollen spezifische chemische Modifikationen systematisch eingebaut werden, um Cytochalasane mit neuer Funktionalität (d.h. neue molekulare Werkzeuge) zu erzeugen. Diese Verbindungen werden systematisch in einer Substanzbibliothek gesammelt und in vivo und in vitro getestet (Stradal, Rottner, Stadler, Zeilinger) und zur Untersuchung ihrer Wirkmechanismen verwendet.
In der Zwischenzeit wird auch die Entdeckung neuer Cytochalasane (und ihrer Biosynthese-Gene) aus Pilzen wichtig sein (Stadler), während die Untersuchung der pflanzlichen Reaktionen auf Cytochalasan-Stress (Franke, Hildebrandt) neue Wege der ökologischen Forschung eröffnen wird. Parallel dazu wird Beemelmanns die ökologische Rolle von Cytochalasanen in Pilz-Bakterien-Insektengemeinschaften untersuchen. Darüber hinaus betreibt die Stadler-Gruppe eine äußerst erfolgreiche (und nahezu einzigartige) Scale-up-Plattform für die Produktion und Aufreinigung von Naturstoffen im großen Maßstab von bis zu 100 Gramm. Insgesamt wird es acht hochwertige Einzelprojekte geben, die selbst führend sind, aber auf einem sehr hohen Maß an projektübergreifender Zusammenarbeit basieren. Entscheidend ist, dass die Schaffung einer kuratierten Substanzbibliothek (Stadler) eine elementare Technologieplattform darstellt, die eine effektive Zusammenarbeit ermöglicht und es der Forschungsgruppe erlaubt, multidisziplinäre langfristige Ziele zu verfolgen, die in einzelnen Projekten nicht erreicht werden können.
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